Die Kreuzverhüllung: Damit das Wesentliche sichtbar wird

Der fünfte Fastensonntag ist in zweifacher Hinsicht besonders. Erstens, weil er oft gar nicht als fünfter Fastensonntag bezeichnet wird, sondern als Passionssonntag. Zweitens werden an diesem Tag in den allermeisten Kirchen Kreuze sowie Jesusbilder und -figuren mit einem violetten Tuch verhüllt – der liturgischen Farbe der Fastenzeit entsprechend. Vielerorts wird die Osterkerze aus dem Altarraum entfernt und in die Sakristei getragen, ehe sie am Ostersonntag durch die neue ersetzt wird.

Auf den ersten Blick ergibt der Brauch, die Kreuze zu verhüllen, eigentlich keinen Sinn. Wieso werden ausgerechnet kurz vor Ostern in den Kirchen die Kreuze verhüllt? Steht doch gerade in der Fasten- oder Passionszeit das Kreuz als Symbol für das Leiden und Sterben Jesu im Fokus.

 

Verhüllung der Gottheit in der Zeit des Leidens?

Eine erste Auslegung liefert Wilhelm Durandus, Bischof des südfranzösischen Mende, im 13. Jahrhundert. Er deutet die Verhüllung der Kreuze allegorisch auf eine Stelle im Johannesevangelium, die den Abschluss der  Streitgesprächen Jesu mit den Juden bildet. Dort heißt es: „Da hoben sie [die Jerusalemer Juden] Steine auf, um sie auf ihn zu werfen. Jesus aber verbarg sich und verließ den Tempel“ (Joh 8,59). Laut Durandus hat Jesus in der Zeit seines Leidens seine Gottheit verhüllt. Dass Jesus sich gemäß dem Johannesevangelium in der letzten Zeit vor seinem Einzug in Jerusalem nicht mehr in der Öffentlichkeit bewegte (Joh 11,54), könnte ebenfalls eine Rolle gespielt haben.

Quelle: katholisch.de