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Vater, vergib uns, denn wir wissen nicht, was wir tun

Jesus betete im Lukasevangelium (23,24): „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Jesus ist so reif und stark, dass er für seine Mörder betet. Was für eine menschliche Größe! Die Worte der Bibel richten sich immer auch an uns. Für wen betet Jesus da noch? Könnten wir das sein? Deswegen beten wir mit: „Vater, vergib uns, denn wir wissen nicht, was wir tun.“ Ein Bereich, der mich nachdenklich macht, fällt mir gleich ein: die Jugend. Ach, die heutige Jugend.


Wir haben uns daran gewöhnt, die heutige Jugend zu kritisieren. Wir sagen: „Die grüßen nicht, sitzen nur mit den Handys in den Händen und spielen, wollen nicht arbeiten, nehmen Drogen, halten nichts aus und in die Kirche gehen sie schon gar nicht ….“ Seien wir ehrlich: Ist es nicht nur Verdrängung unseres eigenen Versagens? Projizieren wir nicht unsere eigenen Fehler auf sie? Wir stellen uns heilig dar und schieben die Schuld auf die Jugend.


Welche Welt überlassen wir ihnen? Vielleicht wollten sie nicht so viel arbeiten, weil sie vaterlos aufgewachsen sind – ihre Väter waren arbeiten und nicht bei ihnen. Ja, wir haben versucht, dass sie materiell gut abgesichert sind, aber vielleicht haben sich unsere Kinder nach etwas anderem gesehnt. Die Natur überlassen wir ihnen schön betoniert und asphaltiert. Sie sollen die 40 Grad im Sommer genießen. Freut euch, vielleicht wird es noch wärmer! Welche Welt überlassen wir ihnen? So viele Kriege in ihrer grausamsten Form wie in der Gegenwart gab es schon lange nicht. Und dort, wo es keine Kriege gibt, ist die Situation oft äußerst angespannt. Gewalt mit Bomben oder in der Kommunikation begegnet der Jugend tagtäglich. Dazu müssen sie keine Computerspiele herunterladen.


Manchmal denke ich, wir sollten uns bei der jungen Generation entschuldigen, dass wir ihnen so eine Welt hinterlassen. Das haben sie sich nicht verdient. Ich weiß, ich übertreibe, aber die Übertreibung sollte uns zum Nachdenken anregen, ob daran nicht doch etwas wahr ist.

Gabriel

Pfarrer