Evangelium Lukas 18, 9-14

In jener Zeit erzählte Jesus einigen, die von ihrer eigenen Gerechtigkeit überzeugt waren und die anderen verachteten, dieses Beispiel: Zwei Männer gingen zum Tempel hinauf, um zu beten; der eine war ein Pharisäer, der andere ein Zöllner.

Der Pharisäer stellte sich hin und sprach leise dieses Gebet: Gott, ich danke dir, dass ich nicht wie die anderen Menschen bin, die Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner dort.

Ich faste zweimal in der Woche und gebe dem Tempel den zehnten Teil meines ganzen Einkommens.

Der Zöllner aber blieb ganz hinten stehen und wagte nicht einmal, seine Augen zum Himmel zu erheben, sondern schlug sich an die Brust und betete: Gott, sei mir Sünder gnädig!

Ich sage euch: Dieser kehrte als Gerechter nach Hause zurück, der andere nicht. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden.

Gedanken

Wer mich sieht, sieht den Vater, so sagt Jesus. Jesus geht nach Galiläa, wo man ihn nicht akzeptiert. Trotzdem geht er. Er lässt sich von Kritik nicht zurückstoßen.

Aber warum geht Jesus nicht anderswo hin, wo er besser aufgenommen werden würde? Jesus will uns ein Beispiel geben, er will vor allem den Auftrag seines Vaters erfüllen. Er selbst ist die Botschaft des Vaters für die Menschheit, und persönliche Überlegungen werden ihn nicht davon abhalten, seine Mission zu erfüllen.

In Kafarnaum trifft er auf einen königlichen Beamten. Sein Sohn liegt im Sterben. Er möchte alles versuchen, um seine Heilung zu erlangen. Er hat von Jesus gehört und setzt all seine Hoffnung auf ihn. Er macht sich auf den Weg nach Kana, das von Kafarnaum mindestens eine Tagesreise entfernt war. Er riskiert damit, dass sein Sohn in seiner Abwesenheit stirbt. Doch die Liebe leitet ihn; die Hoffnung, dass Jesus ihn heilen könnte, treibt ihn an.

Jesus scheint im ersten Moment abweisend. Doch diese Worte gelten weniger dem Beamten. Bei ihm ist es offensichtlich, dass sein Glaube ihn zu Jesus führt. Viele der umstehenden Menschen sind neugierig und sie warten darauf, Wunder und Zeichen zu sehen, ohne wirklich an ihn zu glauben. Der Glaube ist zuallererst eine innere Kraft, der man sich öffnet, und dann erst eine Überzeugung, die durch sichtbare Zeichen gestärkt wird.

Jesus hat den Glauben dieses Mannes auf eine harte Probe gestellt und ihn gezwungen, nur an Jesu Wort zu glauben und nicht an irgendeine äußerliche Demonstration des Wunders. 

Wer zum Glauben kommt, braucht oft Zeichen und Wunder. Aber dieser Beamte sah von Jesus weder Zeichen noch ein Wunder. Vielleicht hatte er gehört, dass dieser Mann aus Nazaret ein großer Prophet war, der Wundertaten vollbrachte. Aber er selbst sah nichts davon. Und doch glaubte er, dass Jesus das Wunder vollbringen konnte.

Als er nun nach Hause kam, war sein Sohn gesund. Der Beamte zweifelte nicht, dass Jesus das Wunder vollbracht hatte. Er glaubt aus tiefster Überzeugung. Der Glaube besteht darin, dieser Liebe Gottes Raum zu geben.

(Katrin Harrer)