Ist es nicht gefährlich, um geistliche Berufe zu beten?

Früher haben die Menschen unter den geistlichen Berufen die Berufung zum Priester oder Ordensmann, höchstens noch Ordensfrau verstanden. Es ist schön und sinnvoll, wenn wir heute von geistlichen Berufungen sprechen und den Begriff auf alle Menschen ausbreiten, die ihre Zeit, Engagement und Energie bewusst der Kirche widmen. Wir können den Begriff noch weiter ausbreiten und darin alle Menschen einschließen, die sich auf irgendeine ihnen eigene Weise für die Verwirklichung des Reiches Gottes einsetzen. Es muss nicht unbedingt etwas Religiöses oder rein Katholisches sein, sollte aber aus Liebe zu Gott und den Nächsten getan werden.

 

Obwohl der Begriff der geistlichen Berufungen so bunt und breit ist, wird immer betont, dass wir vor allem die Priesterberufe brauchen. In den meisten Gebeten um geistliche Berufe beten wir um Priester- und Ordensberufe und dann so „nebenbei“ auch um die anderen geistlichen Berufungen. Wir versuchen damit zu betonen, dass wir Priester brauchen, dass wir nicht genug haben, um eine gute Pastoral zu gestalten.

 

Ich finde es gefährlich. Eine geistliche Berufung können wir weder herstellen noch kaufen. Sie ist ein Geschenk Gottes – ein Charisma. Was passiert aber, wenn Gott einen verheirateten Mann, oder einen Mann, der nicht bereit ist, zölibatär zu leben oder einen Schwulen oder sogar eine Frau beruft? Wenn diese Menschen die Berufung, die Sehnsucht Priester zu werden deutlich spüren?

 

Ich habe in meinen 26 priesterlichen Jahren 7 Frauen kennengelernt, die in einem ehrlichen und ernsthaften Gespräch gesagt haben, sie spüren oder spürten diese Berufung. Manche von ihnen leiden noch immer darunter, manche kommen mit der Ablehnung zurecht. Was sollten wir ihnen sagen: wir beten um geistliche Berufe? Haben wir das Recht, sie abzulehnen, wenn Gott sie beruft?

 

Sollten nicht andere Kriterien viel entscheidender sein, ob jemand Priester werden darf wie z.B. ob der Mensch eine gesunde Spiritualität pflegt, ob er mit Menschen umgehen kann, ob er mit seiner Sexualität verantwortlich umgehen kann, ob er Teamfähig ist, als ob er Mann und unverheiratet ist?

Ich bin zuversichtlich, dass wir in der Kirche Wege finden, die die Berufungen der Menschen aufgreifen und den Mut haben, neue Wege zu gehen.

Gabriel

Pfarrer