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Der Rekordmann aus Bethlehem

Jeden Tag fallen neue Rekorde: die Autos fahren immer schneller, die Computerwelt wird immer vollkommener, die Welt immer kleiner, die Menschen werden immer dicker und manche wieder immer ärmer. Wir möchten immer mehr verdienen, immer mehr besitzen, in kürzester Zeit möglichst viel Spaß genießen. Nicht immer gelingt es. Viele haben immer weniger Zeit, werden gestresst, übermüdet, ausgebrannt, depressiv, ihre Beziehungen gehen auseinander; alles, was ihnen früher Sicherheit, Geborgenheit und Heimat vermittelt hat, geht verloren, der Mensch bleibt sich selbst fremd. Immer mehr, immer schneller, immer teurer, immer unzufriedener und schlussendlich bleibt nur Überforderung, Frustration, Leere und brutale Kriege. Arroganz, Rohheit in der Kommunikation bestimmen das politische Leben, mit Betrügen, Sexismus, Lügen kann man sogar Präsident werden.


Das sind keine guten Voraussetzungen für die Zukunft. Wir verletzen uns damit selbst und zerstören unsere Zukunft. Komplizierter ist es, wenn jemand in so einem System ist, das über die Grenzen hinaus fordert, in einem System, das die eigenen Menschen verletzt und sich so die Zukunft untergräbt. Es gilt sowohl für die ausbeuterische Wirtschaft als auch für die Verletzungen durch die Kirche. Wir können nicht immer schneller, immer besser immer vollkommener sein. Wir brauchen eine gewisse positive Askese: das heißt, dass ich auf den Anspruch der Beste, der Reichste, der Stärkste zu sein, verzichte und sage ganz bewusst Ja zu mir selber. In der Arbeitswelt ist es vielleicht schwieriger, da könnte es uns den Arbeitsplatz kosten, aber ich kann darauf verzichten, dass ich mich für den besten Menschen, die beste Partnerin, den besten Vater, die beste Mutter, den besten Priester halte und sage Ja zu mir selber, akzeptiere mich, so wie ich bin. Wir sind was wert auch so wie wir sind, ohne uns manches vorzuspielen.


Das kleine Kind in Bethlehem, dessen Geburt wir jedes Jahr so großartig feiern, musste sich den größten Erwartungen bei den schlechtesten Voraussetzungen entgegenstellen. Die religiöse Welt hat ungeduldig den Erlöser erwartet, der all ihre Probleme löst, sie aus der römischen Besatzung befreit, ihnen das Blaue vom Himmel bringt. Die überfordernden Erwartungen sollte ein Kind erfüllen, das, abgelehnt, in der größten Armut in einer armen Familie auf die Welt kommt. Menschlich gesehen würde wir sagen: Du träumst! Trotzdem sprechen nach 2000 Jahren noch immer Menschen von diesem Jesus und er begeistert noch immer Millionen Menschen.


Georg Danzer sind im Lied Große Dinge:

„Große Dinge zu vollbringen, woar mei allergrößter Wunsch / Große Dinge an die klane Buama glaubn, / Böse Drachen zu bezwingen, a Prinzessin zu befrein
Und dem Buam vom Nochbarn ane owehaun, / Der tät schaun. 

Große Dinge zu vollbringen, woar mei allergrüßter Wunsch /Große Dinge an die klane Buama glaubn /Blöde Lehrer niedersingen und mei Freindin zu Befrein
Und dem Buam vom Nochbarn ane owehaun, / Der tät schaun.“


Ich meine damit nicht, dass wir passiv werden oder bleiben sollten, zufrieden mit dem, was ist, nichts dagegen, was uns stört, tun. Vielmehr denke ich, wir dürfen nach „großen Dingen“ verlangen, große Visionen haben, sich für unsere Träume einsetzen, aber wir dürfen, aufgrund der Weihnachten, die Sicherheit haben, dass wir nicht für alles im Leben zuständig sind, dass wir nicht die ganze Welt umstürzen müssen, wenn wir etwas ändern möchten, dass wir etwas dem kleinen Kind in der Krippe in Bethlehem überlassen dürfen, denn es hat die Welt in Bewegung gebracht und ist aus der Welt, aus den oft tragischen und sehnsuchtsvollen Lebensgeschichten der Menschen nicht verschwunden.

Gabriel

Pfarrer